
Amerikanische Geologen halten unser »stilles Örtchen« für eine echte Goldgrube. Sie wollen wertvolle Metalle aus unseren Ausscheidungen zurückgewinnen.
Edelmetalle sind ein knappes Gut. Sie sind selten, nur mit viel Aufwand zu gewinnen und daher auch entsprechend teuer. Sie werden in zahlreichen Produkten verarbeitet und sind daher durchaus begehrt. Industrieprodukte wie Motoren, elektronische Geräte wie Computer und Smartphones, aber auch Medizinprodukte wie Implantate kommen nicht ohne Edelmetalle aus.
»Goldmine« WC
Und laut aktuellen Angaben amerikanischer Geologen spülen wir täglich ein Vermögen durch die Toilette. Die Wissenschaftler sehen Möglichkeiten, um Gold, Silber und andere wertvolle Metalle sowie seltene Elemente wie Palladium und Vanadium aus menschlichen Exkrementen herauszufiltern. Im Abwasser fanden sie Mengen der wertvollen Metalle, die an das Vorkommen in einigen Edelmetallminen heranreichen.
Bergbau zukünftig im Abwasserkanal?
Sie fanden derart viele winzige Partikel an Gold, Silber, Kupfer und Platin, dass es für traditionelle Bergbauunternehmen interessant sein kann, zukünftig in den Abwasserkanälen zu suchen, meint Kathleen Smith vom geologischen Dienst der USA. Die Universität von Arizona hat bereits geschätzt, dass eine Stadt mit einer Million Einwohner pro Jahr etwa 12 Millionen Euro an kostbaren Metallen durch die Toilette spült. »Wir sind daran interessiert, Metalle einzusammeln, die verkauft werden können, wie Vanadium und Kupfer, die in Smartphones, Computern und Legierungen verwendet werden«, sagte Smith auf einem Kongress der American Chemical Society in Denver (Colorado), wo die Forschungsergebnisse präsentiert wurden.
Viele Metalle in Kosmetika
Der Delfter Hochschullehrer für Recycling, Peter Rem, hält den Vorschlag für vielversprechend. »Das kann sich durchaus lohnen«, ist seine Einschätzung. Besonders wenn es um Metalle geht, die in Kosmetika verarbeitet werden. Kosmetikprodukten werden zunehmend beispielsweise Silberpartikel beigemischt wegen der antibakteriellen Wirkung des Silbers. Rem: »Überlegen Sie, wie viel Make-up benutzt wird. Abwasserschlamm wird komprimiert und dadurch können die Konzentrationen im Restprodukt ziemlich hoch werden.« Metalle in Produkten sind weit verbreitet: Haarpflegeprodukte, Wasch- und Reinigungsmittel, sogar Nanopartikel in Socken, um unangenehmen Gerüchen vorzubeugen.
Gut für die Umwelt
Auch kleine Metallpartikel aus Waschmitteln landen im Abwasserkanal. Und selbst Metalle, die in unseren Lebensmitteln landen, erreichen über die Verdauung schließlich das Abwasser. Doch das Ausfiltern der Metallpartikel ist nicht nur potenziell lukrativ, sondern auch gut für die Umwelt. Es wäre weniger Bergbau nötig und ein größerer Anteil des Abwasserschlamms, der nach der Aufbereitung des Abwassers zurückbleibt, könnte dann als Düngemittel wieder verwendet werden. »Eine typische Win-Win-Situation«, schlussfolgert die amerikanische Geologin Kathleen Smith. Sie stieß durch Zufall auf die Möglichkeiten des »Bergbaus« im Abwasserkanal, als sie untersuchte, wie die Düngemittel aus dem Abwasserschlamm besser gesäubert werden können. Erst kürzlich fand eine andere Forschergruppe heraus, dass das Abwasser von einer Million Amerikanern Metalle im Wert von 13 Millionen Dollar enthalten könnte. Zuviel rausgeschmissenes Geld meinen die Forscher und wollen die Rückgewinnung der Metalle weiter vorantreiben.
Quelle: Paul Westerhoff, Sungyun Lee, Yu Yang, Gwyneth W. Gordon, Kiril Hristovski, Rolf U. Halden, and Pierre Herckes: Characterization, Recovery Opportunities, and Valuation of Metals in Municipal Sludges from U.S. Wastewater Treatment Plants Nationwide. Environ. Sci. Technol. 2015, DOI: 10.1021/es505329q