Warum wir fettes Essen so sehr lieben

Chips machen süchtig

Insgeheim haben wir es ja schon immer geahnt: Pommes Frites, Currywurst, Hamburger, Pizza, Chips, all diese von uns so geliebten fetten Köstlichkeiten machen uns süchtig. Süchtig nach mehr fettem Essen. Wissenschaftler fanden nun neue Erklärungen für diesen ungesunden Zwang.

Regelmäßig überfällt uns ein richtiggehender Heißhunger auf Fast Food und Co. Und wir sind hilflos, wehrlos, machtlos. Wir sind nicht in der Lage uns diesen Verlockungen zu entziehen. Obwohl wir wissen, dass zu viel Fett nicht gut für uns ist und im Laufe der Zeit zu ernsten Folgeerkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Krankheiten und Krebs führen kann.

Amerikanische Forscher der University of California in Irvine haben nun bei Versuchen mit Ratten interessante Reaktionen beobachtet. Sie stellten fest, dass die Darmzellen eine körpereigene Droge abgeben, die die Lust auf fettiges Essen fördert. Dabei reicht schon der Geschmack von Fett aus, um die Produktion der sogenannten Endocannabinoide auszulösen. Endocannabinoide sind verwandt mit dem Cannabis der Hanfpflanze. Sie bewirken die Ausschüttung von Verdauungssäften und fördern so das Hungergefühl.

Zukünftig die Pille gegen den Fetthunger?

Die Ratten erhielten bei der Studie fettreiche Nahrung in Form von Maisöl-Emulsionen. Die Tiere durften an dem Öl allerdings nur lecken, es aber nicht verschlucken. Anschließend wurden mittels regelmäßiger Probenentnahmen Messungen der Endocannabinoid-Konzentration in verschiedenen Hirnregionen und Körpergeweben der Nager durchgeführt. Die Werte stiegen jedoch nur im vorderen Abschnitt des Verdauungstraktes an und nicht im Gehirn oder in anderen Gewebestrukturen. Weiterhin zeigt sich dieser Effekt nicht bei der Aufnahme von Zucker oder Protein. Dies beweist, dass Endocannabinoide eine wichtige Rolle bei der Regulation der Fettaufnahme spielen. Die Forscher hoffen, diesen Mechanismus in Zukunft beeinflussen zu können und den Appetit auf fettes Essen zu bremsen.
Endocannabinoide binden an spezielle Rezeptoren (Andockstellen). Diese Ansatzstellen können vielleicht genutzt werden, um den Heißhunger auf Fett mit Medikamenten zu dämpfen. Eine Substanz, die die entsprechenden Rezeptoren blockiert, könnte übergewichtigen und adipösen Patienten helfen, das Hungergefühl zu stoppen. Und weil diese Medikamente nicht im Gehirn wirken, entfallen Nebenwirkungen wie Angst und Depressionen. Diese unerwünschten Wirkungen wurden nämlich beobachtet, wenn man die Endocannabinoid-Signale im Gehirn ausschaltet, erklärte der Leiter der Studie, Daniele Piomelli. Die Wissenschaftler vermuten eine Schalterfunktion der Endocannabinoide. Mehr Endocannabinoide regen den Fetthunger an, eine Abnahme des Endocannabinoid-Spiegels löst Sättigung aus. Diese Vermutung muss noch durch weitere Experimente bestätigt werden. Die Studienergebnisse wurden im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) veröffentlicht.

Die Lust auf Fett ist ein Erbe unserer Vorfahren, denn Fette sind notwendig für die Funktion unserer Körperzellen, sind aber rar in der Natur. In unserer heutigen Gesellschaft sind Fette leicht und dauernd verfügbar. Fast Food und Fertiggerichte sind mit übermäßigen Einfach-Fetten zubereitet, denn Fett ist ein Geschmacksträger. Je mehr Fett, desto größer das Geschmackserlebnis. Dies macht sich die Lebensmittelindustrie zunutze und verwendet immer mehr Fett bei der Herstellung von Nahrungsmitteln. Ein übermäßiger Genuss macht uns jedoch krank und führt zu Fettleibigkeit, Diabetes, Krebs und Gefäßerkrankungen.

Das Endocannabinoid-System regelt wichtige Prozesse

Schon 2008 hat eine Forschergruppe mit Wissenschaftlern der Universitäten Bonn und Mainz unter der Leitung von Professor Dr. Andreas Zimmer begonnen, das Endocannabinoid-System genauer unter die Lupe zu nehmen. Die Substanzen, die dem Drogeninhaltsstoff THC (Tetrahydrocannabinol) ähneln, scheinen im menschlichen Organismus eine Schlüsselrolle zu spielen. THC, das für die berauschende Wirkung im Marihuana verantwortlich ist, dockt im Gehirn an bestimmte Stellen in den Neuronen an, den sogenannten CB1-Rezeptoren. Dadurch verändert sich die Signalverarbeitung und die Folge ist ein Rauschzustand. Neben der Regulierung diverser Prozesse im Zentralnervensystem ist das Endocannabinoid-System auch an der Steuerung des Immunsystems und der Zellkommunikation beteiligt.
Der Mensch hat CB1-Rezeptoren, weil wir selbst Substanzen produzieren, die an diese Rezeptoren binden. Diese Endocannabinoide beeinflussen dadurch bestimmte Hirnregionen und ihre Funktionen, beispielsweise das Gedächtnis.
Das Endocannabinoid-System hat eine wichtige Rolle im menschlichen Körper und bei Störungen des Gleichgewichts treten Herzerkrankungen, Allergien, Osteoporose und Gedächtnisstörungen auf.

Doch Endocannabinoide wirken nicht nur im Gehirn, sondern auch in anderen Zellen. Dazu binden sie an eine andere Zielstruktur, den CB2-Rezeptor, der in den Gehirnzellen nicht vorkommt. So regulieren sie auch das Knochenwachstum und Entzündungsvorgänge in der Haut und sorgen nach Stresssituationen dafür, dass Körperfunktionen wie Blutdruck und Puls wieder zum Normalzustand zurückkehren. Dauerstress ist für den menschlichen Organismus extrem schädlich. Fehlfunktionen des Endocannabinoid-Systems führen deshalb zu ernsthaften Krankheiten wie Depressionen, chronischen Schmerzzuständen, Herzkrankheiten und Drogensucht.
Die Wissenschaftler der Universitäten Bonn und Mainz erforschen, wie der Körper das System reguliert. Endocannabinoide haben nur eine kurze Lebensdauer. Sie werden oft innerhalb weniger Minuten abgebaut. Die Forscher wollen wissen, wie dieser Abbau funktioniert und ob er mit Medikamenten zu beeinflussen ist. Weitere Untersuchungen sollen klären, welche Folgen Fehlfunktionen der CB1- und CB2-Rezeptoren haben. Mittelfristig hoffen die Wissenschaftler auf neue Erkenntnisse wie Depressionen oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen entstehen und wie man sie erfolgreich behandeln kann.

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